Seit nunmehr 75 Jahren ist der Einkaufswagen im Supermarkt unser ständiger Begleiter. Da ist es vergnüglich, zu lesen, wie schwer er damals sozusagen „ins Rollen“ kam. Der Erfinder, Sylva N.Goldman, Eigentümer der Humpty-Dumpty-Supermarktkette in Oklahoma City, USA, hatte die Idee, aus einem Klappstuhl den ersten Einkaufswagen herzustellen. An die Stuhlbeine kamen Räder und auf die Sitzfläche wurden Metallkörbe montiert.
Aber die Frauen waren skeptisch, er erinnerte sie an Kinderwagen. Die Männer hatten die Befürchtung, als Schwächlinge angesehen zu werden, wenn sie die Einkäufe nicht selbst schleppten. Mr. Goldman engagierte sogar Statisten, die der Kundschaft die neue Errungenschaft schmackhaft machen sollten.
Das hat sich natürlich längst grundlegend geändert. Mit der Einführung der Selbstbedienung in den 1950er Jahren hielten die Einkaufswagen auch hier Einzug. Es gibt sogar eine neue Studie des EHI Retail Instituts darüber. Dieses Institut ist eine Forschungs-, Bildungs- und Beratungseinrichtung für den Handel. Da wurde festgestellt, dass die Einkaufswagen immer größer geworden sind. Anfänglich fassten sie 50 Liter, mittlerweile 150 Liter. Warum? Ganz einfach, je mehr Platz im Wagen, desto mehr wird eingekauft!
Das sagt man schon dem Erfinder nach, dass er im Hinterkopf nicht nur die Absicht hatte, den Kunden den Einkauf zu erleichtern, sondern auch mehr als nötig einzukaufen! Inzwischen gibt es eine Vielfalt von verschiedenen Typen, vom Auto-ähnlichen für Kinder bis zum Rollator mit Korb für Senioren. Durchschnittlich hält jeder Supermarkt neun Einkaufswagen pro 100 qm Verkaufsfläche bereit.
Laut der Studie kostet ein heute üblicher Wagen 150 bis 200 Euro und wird in der Regel alle sieben bis zehn Jahre ausgetauscht. Aber das Kuriose an der Sache ist, so die Experten, das führt nicht nur zu den üblichen Kosten für die Warenhäuser, sondern auch die Diebstähle! Dagegen helfen auch die Pfandschlösser nicht. Warum das so ist, ist mir unbegreiflich. Meist scheint es Vandalismus zu sein. Ich habe schon Einkaufswagen an den unmöglichsten Stellen gesehen, im See, in Bächen, Parks usw.
Dann gibt es den Trend der vorsätzlichen Zweckentfremdung, beispielsweise als Blumenkübel oder Hockey-Tor, alles schon dagewesen. Da werden inzwischen schon bei verschiedenen Supermärkten Wegfahrsperren verwendet, die beim Verlassen des Geländes die Räder blockieren!
Das wird aber nicht das modernste Teil am Einkaufswagen sein. Da wird an einer sogenannten Smart Card geforscht, wie zu lesen war: Darauf vermerkt der Kunde eine Einkaufsliste, steckt die Karte in den Wagen und der soll den Kunden zu den einzelnen Produkten lotsen. (Wo bleibt dann der Effekt, dass man mehr kaufen soll, als man eigentlich will?)
Microsoft hat Anfang des Jahres sogar einen neuen Prototypen von Einkaufswagen vorgestellt. Der wird mit einer Steuerung betrieben, die auf Bewegungen reagiert. Der Wagen folgt dem Kunden auf Schritt und Tritt, scannt Waren und hakt sie auf der elektronischen Einkaufsliste ab! Da ist es vorbei mit dem genussvollen Einkaufen oder? Aber man muss mit der Zeit gehen.
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